Halt an … – Wie meine Trauergruppe online ging

Halt an….

wo läufst du hin, der Himmel ist in dir.
Immer wieder in diesen Wochen fällt mir dieser Satz ein.

Ein wenig hilft er mir, wenn ich mich begrenzt und eingeschränkt fühle in meinem Drang, mich so frei zu bewegen, wie ich es tun möchte.
Halt an – so kann ich mich selbst einladen, meine Gedanken zu stoppen, die sich im Kreis drehen.
Ich kann die Blickrichtung ändern, nicht im Außen suchen, was mir fehlt – sondern in mir wahrnehmen, was alles da ist.

Klugschnackerei – so würden viele Trauernde es empfinden, wenn ich sie dazu ermutigen wollte.‚Da ist kein Himmel, das ist die Hölle‘, würden sie vielleicht sagen.

Wie so viele vielleicht gut gemeinte Sätze nur wehtun.

‚Du hast doch noch deine Kinder‘ – ja, aber die leben in Nürnberg oder Berlin oder Amsterdam und ich kann sie nicht treffen, nicht umarmen, ihren Duft nicht einatmen. Und auch, wenn ich sie sehe und treffe, ersetzen sie nie auch nur annähernd den Menschen, der mir der nächste war und nicht mehr lebt….

Halt an…. pass auf, was du sagst – bitte, achte auf deine Worte – schau erst nach innen und frage dich nach deiner Haltung, deiner Motivation, solche Sätze zu sagen. Vielleicht ist es unbehaglich, ungemütlich, die Trauer zu spüren, die Verzweiflung, die Dir da gerade entgegenkommt.

Wir sprechen in der Trauergruppe immer wieder darüber, wie sehr solche Sätze schmerzen, dass sie nicht helfen, sondern trennen.

Mir tut die Entschleunigung gut‘ hat eine junge Frau gesagt, deren Mutter vor vielen Jahren gestorben ist und die sich so getrieben sah, ihr Leben so weiterzuleben, wie sie es immer getan hat. Ich traf sie vor ein paar Tagen auf dem Markt, wir haben angehalten und uns unterhalten. Keine von uns beiden hatte das Gefühl, die andere hält sie auf. Wir hatten Zeit – und es war schön, einen Augenblick länger die Verbundenheit zu spüren, die entstanden ist durch ihre Zeit in der Trauergruppe.

Sie sagt: Endlich kann ich mir die Zeit nehmen zu betrachten, was es heißt, dass meine Mama nicht mehr lebt. Es kommt so viel zum Vorschein. Viel Schmerz und all das Gute.

Vor ein paar Tagen hat sich das erste Mal die Trauergruppe online getroffen.

Ich hatte die Teilnehmer per Mail zu einer Gruppe mit der Software Zoom eingeladen. Ich glaube, alle waren froh, in die vertrauten Gesichter zu schauen. Es ist natürlich nicht dasselbe wie eine persönliche Begegnung, und doch hat es so gut getan, die anderen zu sehen, zu hören, Nähe zu spüren, in diesem Raum sein zu können mit den Menschen, die so genau wissen, wie es mir geht, weil sie ähnliches erlebt haben.

Wir haben uns ausgetauscht und es ist klar geworden, dass diese Zeit schon eine besondere Herausforderung ist.

Das Gefühl, allein zu sein, verstärkt sich – weil die, die allein leben, es nochmal viel deutlicher wahrnehmen.

Die Erfahrung aus dem ersten Mal Trauergruppe online: Wir haben zusammen gelacht, einige haben geweint – und die anderen waren nah dabei. Ohne der, die weint, ein Taschentuch zu reichen oder die Hand auf den Rücken zu legen – und doch war es nah.

Wir haben zusammen angehalten und Halt gespürt, das glaube ich sicher.

Was gibt Ihnen Halt in diesen Wochen, in denen gewohnte Strukturen und Abläufe nicht möglich sind? Was hält Sie? Was tut Ihnen gerade gut? Suchen Sie auch nach einer Trauergruppe online?

Sprechen Sie mich gern an. Ich freue mich darauf.

Ihre Michaela Höck,
Theologin und Trauerbegleiterin.